Synthese
Eigentlich bin ich nicht wirklich tourismusgeeignet. Was interessiert es mich, ob diese oder jene Statue das einzige erhaltene Werk in Trockenlack-Technik der Muromachi-Periode ist, sowie die zweitgroeste Darstellung des Schosshundes der fuenfzehnten Buddha-Inkarnation.... ich bin hier, um Japan kennen zu lernen!
Was wollte ich eigentlich schreiben...? Aeh, ja, genau - dem Yakushiji-Tempel in Nara habe ich entsprechend wenig Interesse entgegengebracht, bin aber dennoch mit meiner Gastmutter zusammen hingegangen - was tut man nicht alles fuer Hosts ;-). Und siehe da, Yakushiji sollte zu einem sehr beeindruckenden Erlebnis fuer mich werden!
Die imposanten buddhistischen Statuen sehen meistens alle irgendwie gleich aus - der Buddha in Mediationshaltung und mit halbgeschlossenen Lidern, die Kannon aufrecht und mit gebogenen Fingern. Am interessantesten sind da fuer mich die Japaner, die ehrfuerchtig vor die Statuen treten, eine Muenze in den Opferkasten werfen und die Haende zu einer kurzen Andacht zusammenlegen, um gleich darauf wieder munter mit Kollegen zu plappern. Japaner scheinen sehr schnell zwischen Alltag und Andacht umschalten zu koennen. Interessant.
In diesem Stil war auch der ueberladene, touristische Yakushiji. Doch eines der Gebaeude...
...ich hatte die Schuhe ausgezogen und trat ein, da dachte ich mich trifft der Schlag: Was zum Teufel macht die Kanzel hier?!?! Da standen tatsaechlich vor den ueblichen Buddhastatuen zwei glaenzend lackschwarze Podeste mit zierlicher Ueberdachung, ganz eindeutig die selbe Form wie eine christliche Kanzel. Mein Host bestaetigte mir meinen Verdacht: Die cleveren Japaner hatten diese christliche Erfindung praktisch gefunden und kurzerhand in den alterwuehrdigen Tempel gepflanzt. Allerdings nicht ohne sie zu japanisieren - im Gegensatz zum christlichen Prediger muss der buddhistische Obermacker nicht stehen, sondern kann es sich auf einer Sitzflaeche bequem machen, die mit traditionellen Tatami-Matten bezogen ist...
Naeher betrachtet wurde im Yakushiji noch viel mehr wild zusammengewuerfelt. Da wird ueber den alten Buddha-Statuen ein quietschbuntes modernes Baldachin gehaengt; buddhistische Goetter laecheln zwischen christlicher Kanzel und shintoistischen Orakelzetteln; der Felsblock mit den archaisch anmutenden Linien von Buddhas Fussabdruck ist flankiert von den Plastiken eines modernen Kuenstlers...
Ich muss sagen, ich fand diese Halle in Yakushiji potthaesslich. Hier wurde einfach zu viel Krimskrams aus allen Epochen und allen Laendern angehaeuft.
Aber diese japanische Eigenheit, voll unvoreingenommener Begeisterung alles nach Gusto zu importieren und japanischen Vorlieben entsprechend weiterzuentwickeln, diese Eigenheit finde ich liebenswert! In der japanischen Geschichte wurde dies schon lange mit Enthusiasmus betrieben, gleichzeitig waren Nationalbewusstsein und die eigenen kulturellen Wurzeln nach meinem Eindruck schon immer stark. (So stark dass leider auch ein verheerender Nationalismus geboren werden musste.)
Ich habe nicht den Eindruck, dass diese manchmal beinah naiv anmutende Offenheit gegenueber allem Neuen und Fremden zu einer Schwaechung der eigenen Kultur fuehrt, zu einer *raeusper* "Ueberfremdung". Im Gegenteil, die Importe sind eine Bereicherung und werden nach und nach zu einem Teil japanischer Kultur. Vielleicht gerade deshalb, weil hier auslaendisches nicht so rigide und starrkoepfig als "fremd" abgelehnt, sondern pragmatisch aufgenommen und assimiliert wird. Philosophisch ausgedrueckt: "Beobachte einen Bambus, der sich im Wind biegt. Waere er starr, wuerde er im Sturm zerbrechen. Weil er biegsam ist, siegt er."
Was wollte ich eigentlich schreiben...? Aeh, ja, genau - dem Yakushiji-Tempel in Nara habe ich entsprechend wenig Interesse entgegengebracht, bin aber dennoch mit meiner Gastmutter zusammen hingegangen - was tut man nicht alles fuer Hosts ;-). Und siehe da, Yakushiji sollte zu einem sehr beeindruckenden Erlebnis fuer mich werden!
Die imposanten buddhistischen Statuen sehen meistens alle irgendwie gleich aus - der Buddha in Mediationshaltung und mit halbgeschlossenen Lidern, die Kannon aufrecht und mit gebogenen Fingern. Am interessantesten sind da fuer mich die Japaner, die ehrfuerchtig vor die Statuen treten, eine Muenze in den Opferkasten werfen und die Haende zu einer kurzen Andacht zusammenlegen, um gleich darauf wieder munter mit Kollegen zu plappern. Japaner scheinen sehr schnell zwischen Alltag und Andacht umschalten zu koennen. Interessant.
In diesem Stil war auch der ueberladene, touristische Yakushiji. Doch eines der Gebaeude...
...ich hatte die Schuhe ausgezogen und trat ein, da dachte ich mich trifft der Schlag: Was zum Teufel macht die Kanzel hier?!?! Da standen tatsaechlich vor den ueblichen Buddhastatuen zwei glaenzend lackschwarze Podeste mit zierlicher Ueberdachung, ganz eindeutig die selbe Form wie eine christliche Kanzel. Mein Host bestaetigte mir meinen Verdacht: Die cleveren Japaner hatten diese christliche Erfindung praktisch gefunden und kurzerhand in den alterwuehrdigen Tempel gepflanzt. Allerdings nicht ohne sie zu japanisieren - im Gegensatz zum christlichen Prediger muss der buddhistische Obermacker nicht stehen, sondern kann es sich auf einer Sitzflaeche bequem machen, die mit traditionellen Tatami-Matten bezogen ist...
Naeher betrachtet wurde im Yakushiji noch viel mehr wild zusammengewuerfelt. Da wird ueber den alten Buddha-Statuen ein quietschbuntes modernes Baldachin gehaengt; buddhistische Goetter laecheln zwischen christlicher Kanzel und shintoistischen Orakelzetteln; der Felsblock mit den archaisch anmutenden Linien von Buddhas Fussabdruck ist flankiert von den Plastiken eines modernen Kuenstlers...
Ich muss sagen, ich fand diese Halle in Yakushiji potthaesslich. Hier wurde einfach zu viel Krimskrams aus allen Epochen und allen Laendern angehaeuft.
Aber diese japanische Eigenheit, voll unvoreingenommener Begeisterung alles nach Gusto zu importieren und japanischen Vorlieben entsprechend weiterzuentwickeln, diese Eigenheit finde ich liebenswert! In der japanischen Geschichte wurde dies schon lange mit Enthusiasmus betrieben, gleichzeitig waren Nationalbewusstsein und die eigenen kulturellen Wurzeln nach meinem Eindruck schon immer stark. (So stark dass leider auch ein verheerender Nationalismus geboren werden musste.)
Ich habe nicht den Eindruck, dass diese manchmal beinah naiv anmutende Offenheit gegenueber allem Neuen und Fremden zu einer Schwaechung der eigenen Kultur fuehrt, zu einer *raeusper* "Ueberfremdung". Im Gegenteil, die Importe sind eine Bereicherung und werden nach und nach zu einem Teil japanischer Kultur. Vielleicht gerade deshalb, weil hier auslaendisches nicht so rigide und starrkoepfig als "fremd" abgelehnt, sondern pragmatisch aufgenommen und assimiliert wird. Philosophisch ausgedrueckt: "Beobachte einen Bambus, der sich im Wind biegt. Waere er starr, wuerde er im Sturm zerbrechen. Weil er biegsam ist, siegt er."
Katido - 25. Aug, 10:49
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c4luxe - 25. Aug, 15:29
heiiiiaaaaa
FOTOS her :-D
Katido - 25. Aug, 17:30
Tjaaaaaaaaaa, da sprichst du einen wunden Punkt an.^^ Leider war es in den geheiligten Hallen nicht erlaubt, zu fotografieren! Hat mich echt gewurmt, aber ich hab mich nicht getraut... selbst mit Auslaenderbonus...
Natuerlich sagt der TouriGuide kein Wort von dem wahren Charme des Tempels, sondern nur blablabla (15. Inkarnation des Schosshundes ;-)...). Wird Zeit dass ich endlich Touri-Fuehrer in Japan werde.^^
Natuerlich sagt der TouriGuide kein Wort von dem wahren Charme des Tempels, sondern nur blablabla (15. Inkarnation des Schosshundes ;-)...). Wird Zeit dass ich endlich Touri-Fuehrer in Japan werde.^^
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