#1: ZIKADEN
Die Zikaden hier sind hartgesotten. Ein kleines Fleckchen Gruen genuegt, und man hat ein schnarrendes Geraeuschemeer um sich. Diese Viecher sind wirklich gigantisch laut. Zusaetzlich sprechen so einige Japaner viel leiser als ich es aus Deutschland gewohnt bin, so dass Konversion im Gruenen manchmal schwierig ist.
#2: LAUTSPRECHER UND BILDSCHIRME
Schlimmer als die Zikaden ist allerdings die Musik, die einen an allen Ecken und Enden beschallt. Und wenn das Laedchen noch so klein ist, es hat unter Garantie Musik in den Lautsprechern!
Ausserdem sind extrem viele Fernseher oder Grossbildschirme zu sehen.
Fuer mich ist das sehr gewoehnungsbeduerftig, aber nach einer Woche glaube ich schon zu merken, wie meine Irritation abnimmt und ich den Laermpegel einfach auszublenden beginne.
#3: Anooo... eeeetto...
Das japanische "Aehhhhm" war sicherlich die erste Vokabel, die ich hier gelernt habe!! Ich fange auch schon damit an...
#4: IRASSHAIMASEEEEEEE
An manchen Orten kommt man sich schon vor wie auf dem Basar. Die Verkaeufer/innen rufen den Massen (oder auch weniger massigen Massen) regelmaessig zu: Bitte treten Sie ein! Wollen Sie nicht dies & das kaufen? Heute sehr billig! Usw...
An einer besonders extremen, weil sehr touristischen Stelle ging das so weit, dass ich nicht anders konnte und ein Audiofile aufnahm. Ist doch echt zu ulkig.
#5 SCHLUERF SCHMATZ SPRITZ
Das wichtigste hab ich doch glatt vergessen: Japaner beim Nudeln/Suppe essen! Heute war ich mit meinen Hosts in einem Restaurant, da schluerft es ganz ordentlich um einen herum. Man soll das Zeug geraeuschvoll und in Massen in den Mund schaufeln. Je lauter desto besser schmeckt es. Ich finde schluerfen ganz schoen schwierig! Brauche wohl noch eine Woche...
Katido - 9. Aug, 15:56
Krish-chan wuenscht sich was "unpostkartenmaessiges", na kein Problem, wuerde ich sagen! (Uebrigens ist Mitakiji nicht postkartenmaessig, sondern Insidertipp.)
Tja, wieder einmal war ich der einzige Auslaender im kleinen japanischen Lokal. (Bin ich irgendwie immer!) Jedes Mal das selbe Spiel: Ich sitze einsam an meinem Tisch und uebe fleissig mit den Staebchen, waehrend die anderen Gaeste neugierig drein schauen, aber mich nicht ansprechen. In diesem Fall habe ich Kareeraisu gegessen, auf gut Deutsch: Curryreis.
Die wieselflinke Kellnerin servierte mir das Karee zusammen mit einem Loeffel - Na toll, dachte ich mir, die traut mir aber wenig zu! Natuerlich war ich zu stolz fuer den Loeffel und griff zu den o-hashi, den Essstaebchen, mit denen ich etwa doppelt so viel Zeit zum Essen brauche.
Und was gibt es heute abend bei meinem Host zu Essen? Karee!!
... und mit was essen wir? Mit dem LOEFFEL! Denn es gibt Ausnahmegerichte, fuer die keine Staebchen genommen werden. Karee wird in Japan tatsaechlich mit dem Loeffel gegessen. Mannometer, da will man besonders japanisch daherkommen und machts erst recht falsch!!
Funny alias Okashii neeeee!
Katido - 8. Aug, 15:55
Ja, ich habe den 6.8. hinter mir! Ich muss sagen, als ich mich heute morgen von Hiroshima und meinem letzten Host dort verabschieden musste, flossen bei mir schon die ersten Traenen. Okay, bin aber in Sachen Abschied auch nah am Wasser gebaut. Jedenfalls war ich heute morgen zum ersten Mal so richtig fertig: muede, KO (die Nacht in einem heissen unklimatisierten Zimmer geschlafen) und abschiedsschmerzlich... aber zum Glueck halten Reisetiefs nie lange an.
Hiroshima. Ja, der 6.8. war so eine Sache. Im Hiroshima-Friedenspark herrschte richtig gute Demo-Stimmung. Denn eigentlich war doch das Event eine Protestaktion, inklusive dem offiziellen Teil...
Um den Atombombendom herum hatte ein Heidelberger Projekt einen "Schutzwall fuers Voelkerrecht" aufgebaut. (siehe Google, Aktion Voelkerrecht) Das lustige daran war, dass ich die jungen Kerle - langes Haar, "Peace"-Aufschrift auf dem Shirt - schon aus der JuHe kannte.
Dann gab es natuerlich auch wieder furchtbare Fotos zu begutachten, die ich mir aber an diesem Tag erspart habe - ich wollte es einfach nur geniessen, dass sich in diesen Tagen, die mit guten 35 Grad die waermsten Tage im ganzen bisherigen Sommer sind, so viele zum Park aufgemacht hatten.
Die japanische Friedensbewegung ist, wie sich zeigte, auf Zack. Sie haben allerhand Sachen organisiert, zB ein Gebet "Peace on Earth", bei dem fuer Frieden in allen knapp 200 Laendern gebetet wird. (Kommentar eines neuen Freundes: "If that is peace, than I'm scared of it!" Bissle strange sind diese hyperreligioesen Sachen denn schon.)
Und natuerlich war da noch der offizielle Teil. Von der Zeremonie habe ich aber nicht viel gesehen. Ich kam zu spaet, um noch einen Platz vor der Tribuene zu bekommen, und wohnte dem Geschehen etwas abseits vor einem Monitor bei. Das machte aber nichts - denn ich hatte liebe Leute um mich herum.
Ein aelterer Japaner gab mir das Programm auf Englisch, in dem auch die Reden uebersetzt waren. Er lieh mir einen Faecher - dann schenkte er ihn mir. Natuerlich habe ich mich riesig gefreut. Wenn Japaner freundlich sein wollen, dann schenken sie. Das ist so schoen.
Den Vormittag inklusive Mittagessen verbrachte ich mit einer Gruppe Jugendlicher, die hier ein zweiwoechiges Peace-Seminar hatte. Wieder ein paar Leute mehr, die meine Emailadresse haben. Es war schoen, die entspannte Atmosphaere, trotz sprachlicher Hindernisse der unkomplizierte Umgang miteinander, viel Lachen, viel Geduld fuereinander.
Den Nachmittag ueber relaxte ich im Friedenspark und streifte auf der vergeblichen Suche nach einem Internetplace zusammen mit dem elegantesten Japaner unter der Sonne durch die City. Aber wirklich superduper schick und sophisticated. Und schweigsam. Naja.
Am Abend war dann Tooroo angesagt. Tooroo sind die Laternen, die stellvertretend fuer die Seelen der Verstorbenen den Fluss hinunter treiben. Ein sehr schoener Anblick, in diesem Fall mit professioneller musikalischer Begleitung: erst Pop, dann japanische Musik. Ein super Feeling, wenn die Saengerin den Laternen der Atombombenopfer nachruft: "Sayonara Senso! Goodbye War!"
Aber nachdenklich dennoch - denn ich konnte nicht vergessen, dass hinter mir im Park die Friedensflamme brennt. Sie soll erst geloescht werden, wenn alle Atomwaffen vernichtet sind. Sayonara Senso ist wohl ein Traum, aber wie der 6.8. in Hiroshima gezeigt hat, gibt es immerhin viele Menschen, die ihn traeumen.
Uebrigens habe ich mich auch mit einem amerikanischen Journalisten unterhalten. Gebt mal "Hiroshima" und "Helen Barlin"/"Helen Bärlin" bei Google ein, hehe. (..... Ja, in diesem Fall ist mein Urteil ueber Politiker nicht ganz so mild wie sonst!)
(Anmerkung: Nett, da hat anscheinend die ganze Welt bei dieser einen amerikanischen Zeitung abgeschrieben. Mein Zitat findet man auf Englisch, Spanisch, Deutsch, Niederländisch...)
Katido - 8. Aug, 15:43
Gestern haben Verena und ich einen schoenen Geheimtipp aufgestoebert. Mitakiji ("Tempel der drei Wasserfaelle") liegt ein wenig ausserhalb von Hiroshima auf einer Anhoehe. Gluecklicherweise beginnt auf halber Strecke zwischen Bahnhof und Tempel die Natur um den Pfad herum zu spriessen, so dass es ab da angenehm kuehl und gut zu laufen ist.
Hier beginnen auch die vielen steinernen Goetterstatuen am Wegesrand aufzutauchen. Zwischen den Baeumen taucht eine Pagode auf, Teehaeuser in traditioneller japanischer Architektur, an Shintotempel erinnernde Reinigungsbecken, scheinbar wahllos aufgestellte grosse und kleine Statuen und natuerlich die drei huebschen Wasserfaelle, die dem buddhistischen Tempel am Ende des Pfades seinen Namen gegeben haben.
Die Wege sind gepflegt, das kleine Klohaeusschen sauber, aber dennoch laesst man der Natur und den vielen Religionen hier ihren Lauf, wie sie nun mal laufen. Alte Statuen verwittern, neue Buddhas werden aufgestellt, ueber die shintoistischen Wasserbecken waechst Moos, ein japanischer Christ moechte eine Gedenkstette, also bekommt er mitten in seiner asiatischen Nachbarschaft ein Kreuz. Glaeubige kommen zum Beten, ein paar wenige Touristen zum Fotografieren. Alles ganz unkompliziert. Das macht den Ort authentisch.
Und es gibt tatsaechlich japanische Spiritualitaet live zu erleben. Die Japaner sind offensichtlich Meister darin, stoerende Elemente auszublenden. Sie haben kein Problem damit, dass andere Leute - auch Auslaender - zusehen, wenn sie die Glocke schlagen, um die Aufmerksamkeit der Goetter auf sich zu ziehen, und in einer kurzen Andacht die Haende zusammenlegen. Verfehlt der Kloeppel die Glocke versehentlich, wird herzlich gelacht.
Auf dem Weg nach oben trafen wir auf zwei japanische Schwestern. Mit Englisch & Japanisch, Haenden & Essstaebchen brachten sie uns die Message von Mitakiji nahe: "Alle zusammen. Nicht getrennt. Nicht hier Buddhismus, hier Shinto, hier Christentum, hier Deutscher, hier Japaner. Sondern alle zusammen!"
Wir assen in einem kleinen Restaurant zu Mittag und als ein anderer Gast dort mitbekam, wie ich meinem zukuenftigen Host per Telefon mitteilte, dass ich jetzt zum Yokogawabahnhof fahre, nahm uns die nette Dame direkt in ihrem Auto mit zum Bahnhof.
Fuer jemanden, der beinahe bei den Religionswissenschaften gelandet waere (...das bin ich), ist der Huegel von Mitakiji natuerlich ein absolutes Muss. Allerdings kann man immer mehr wiedererkennen als erkennen. Ich haette doch gerne mehr Details gewusst, um den Mix der Religionen noch mehr zu begreifen. Und besser Japanisch gekonnt, um die vielen Steininschriften zu entziffern!
Katido - 4. Aug, 13:25
Heute war Okinomiyakitag! Okinomiyaki ist (von unten nach oben) Pancakefladen, Kohl, Sprossen, je nach Wunsch Fleisch oder Kaese oder anderes, Spiegeleifladen und ketschupaehnliche Sosse oben drauf. Schmeckt gut, auch wenns mir nach der Haelfte eigentlich immer schon zu viel ist. Heute haben mein "Babysitter" Verena und ich zum ersten mal dieses japanische Gericht mit dem wahnsinnigen Namen (ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich ihn mir richtig gemerkt habe) gekostet. Ich fuer meinen Teil gleich zwei Mal.
ZUM MITTAGESSEN waren wir in einem netten Lokal. Wir sassen an der Bar direkt vor der heissen Kochplatte in der Groesse eines Tisches. (Hier wird die Kueche oefters in den Speisebereich verlegt.) So konnten wir zusehen, wie der Koch mit abartiger Geschwindigkeit und Geschicklichkeit Fladen wendete, Kohl schichtete und Eier zerschlug. Gut geschmeckt hat es auch, und die Bedienung war sehr aufmerksam. Ein echtes Erlebnis, hier mal beim Kochen zuzusehen.
ZUM ABENDESSEN ging es in eine sehr kleine sehr szenige Lokation. An der Bar und an den kleinen Tischen hatten insgesamt vielleicht an die 13 Leute Platz, aber es war nicht viel los. Die junge Bedienung (zwei mal maennlich im zarten Alter von 25 Jahren) war weit weniger professionell im O-yaki backen. Im Hintergrund lief Reggae - endlich hoerten wir an diesem lauten Tag ordentliche Musik! Als wir schon beinahe fertig waren, kam endlich einer der Jungs darauf, uns zu fragen, woher wir kommen. Wie sich herausstellte, ist er sehr begeistert von Deutschland, moechte gern mal hinreisen und hat seinen Spass an Kommunikation, auch wenn die viel Zeit in Anspruch nimmt und staendig Missverstaendnisse auftreten - er mit sehr schlechtem Englisch und ich mit schlechtem Japanisch, aber alle haben viel gelacht. Toll!
Wieder mal zeigt sich - die besten Erfahrungen gibts ausserhalb der Touristensites.
Ausserhalb hab ich hier noch nicht den Doppelpunkt gefunden....
Katido - 2. Aug, 15:33
Bin da, alles klar! (bis auf die Tastatursprache...)
Amsterdam. Gigantischer Flughafen. Die Lounge voller Japaner die auf ihren (meinen!!) Flug warten. Was mache ich? Setze mich, schau um mich wie Alice im Wunderland und entdecke an der Tasche meines Gegenuebers ein kleines gruenes Schildchen.... "Esperanto parolata".
Wow. Wahnsinn. Das ist so unglaublich, dass ich mich gar nicht gebuehrend darueber wundern konnte. Ich mustere einen Augenblick das schmaechtige, schon etwas betagte Maennlein und dann gehts los. "Sinjoro. Cxu vi parolas Esperanton?"
Ja, tat er. Und seine Hoeflichkeit ist mehr als nur japanisch. Das ist 24h Service! Yasuo machte mir nicht nur durch den schoenen Start Mut, er fuehrte mich auch durch den Flughafen in Osaka, uebersetzte leidenschaftlich JapanischEsperanto und erklaerte mir alles was ich auch schon wusste. Und er schenkt. Ein Telefonkartenautomat - Yasuo rennt hin und schenkt mir eine Telefonkarte. Von seinem "Nur kurz auf Toilette" kommt er mit Keksen fuer mich zurueck. Und nachdem ich sagte, dass ich keinen gruenen Stern habe, werden mir umgehend die frisch auf dem Weltkongress erstandenen Eo-Aufkleber weitergereicht. Natuerlich bin ich auch schon nach Kobe eingeladen.
Weitere nette Ereignisse - die Hitze ist schweisstreibend aber nicht ganz so schlimm wie erwartet, der Busfahrer in Hiroshima hat (angesichts meiner rotgeraenderten Augen, meinem schuechternen "yuusu hosuteru e ka?" und meinem schweren Koffer) mich umsonst im Bus fahren lassen, was zwar nicht viel Geld ist aber eine suesse Geste, zudem habe ich auf dem Weg zur JuHe eine Deutsche getroffen und die ersten Schulmaedchen in ihrer seltsamen Schuluniform hat mein Anblick zum Kichern gebracht (schoen wenn ich ihnen eine Freude machen kann...).
Etwas schwierig war, aus dem Bahnhof in Hiroshima herauszukommen. Die Beamten reissen einem irgendwie immer die Fahrkarte aus der Hand ("Die brauchst du nicht mehr") und drei Schritte weiter will irgendjemand eben jene Fahrkarte sehen...
Am Bahnhof von Hiroshima hatte ich auch langsam Hunger. Aber wo krieg ich was zu Essen oder besser gesagt .. was IST das, was die mir da andrehen wollen? Habe nur ein Sandwich gegessen und warte jetzt auf das Abendessen der JuHe...
Katido - 31. Jul, 07:57